cis-rosenoxid.77-prozentDuring the feasts of Roman Emperor Nero,
guests lounged on pillows stuffed with rose
petals, gazed upon fountains which flung up
rose waters, bathed in marblelined pools
filled with rose-perfumed waters, quaffed
rose wine and indulged in rose pudding for
dessert.






cis-Rosenoxid


Wahlverwandtschaft der Aromen

Rosen und Wein

Sie heißen „Leander“, Lovely Lady“ oder „Königin Beatrix“ und bringen jedes Jahr die Gemüter in Wallungen: Rosen sind „trendy“, reizvoll fürs Auge und zudem höchst anregend für die Nase. Eine intime Wahlverwandtschaft der Aromen verbindet die Liebesboten mit dem Wein. Zu einer weinkulinarischen Blütenlese laden Gewürztraminer und Co. ein.

Wer von Rosen und Wein spricht, der meint nicht bloß Schönheit und Genuss. Wein und Rosen hatten es bereits vor ihrer Alltagstauglichkeit für die Gartenparty daheim oder als Blickfang im beschaulichen Rund einer Parkanlage zu mythischer Größe gebracht: Hier wird Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe als Patronin bemüht, dort Dionysos, der heitere Fruchtbarkeitsgott. Und die christliche Mythologie lässt beide an prominenter Stelle residieren, etwa als Symbole des Lebens und der Reinheit („Rose mystica“). So sind sie gewissermaßen symbolträchtige Geheimnisträger einer Jahrhunderte alten Kulturgeschichte, an der sich Dichter und Literaten ebenso nähren wie etwa jene, die dem Image des Weins heute wieder seinen eigentlichen kulturellen Standort zuweisen möchten.
Von diesen kulturellen Wipfelhöhen und geistigen (Rosetten-) Kirchenfenstern einmal abgesehen gibt es zwischen zwei Kulturpflanzen wohl selten eine so innige Wahlverwandtschaft: Nicht nur die Vegetationsbedingungen von Rose und Weinrebe sind nahezu identisch, die verschiedenen Rosensorten benötigen wie die Reben ein angemessenes „Terroir“, auch in Pflege und Schnitt verlangen sie nach einer ähnlichen Behandlung.
Neben Wuchs und Schönheit achten Rosenzüchter heute insbesondere auf die Resistenz gegen Sternruß und Mehltau, Pest und Cholera in den Augen der Kleingärtner. Was dem Rosenfreund wie der größte anzunehmende Ernstfall erscheint, ist dem Winzer hingegen ein sehr willkommenes Geschenk der Natur. Gerade wegen ihrer Sensibilität gegenüber Umwelteinflüssen sowie ihrer Anfälligkeit für Pilzkrankheiten und Schädlingsbefall waren die Holzgewächse mit den krautigen Sommertrieben ein geschätzter Indikator für die Schädlingsbekämpfung.
Die Sitte, Rosenstöcke als natürliche „Alarmanlage“ vor den Rebzeilen zu pflanzen, war in den vergangenen Jahren aus der Mode gekommen, nicht nur, weil man im Weinbau auf andere, scheinbar effektivere Formen der Früherkennung gesetzt hatte. In Zeiten eines naturnahen Anbaus im Windschatten der Ökowelle erinnerte man sich vielerorts wieder dieser probaten Präventivmaßnahme im Weinberg.
 

 

Düfte zum Sprechen gebracht

Was beim Wein schon lange dem common sense entspricht, sollte im Reich der Rosen billig sein. Doch weit gefehlt: Für die Rosendüfte mangelte es lange Zeit an einer angemessenen Sprache und die Bezeichnungen sagten außer einer Gruppe von Insidern oder enthusiastischen Liebhabern kaum jemandem etwas. „Zentifolienduft“ oder „Maréchal-Niel-Duft“ klingen zwar interessant, wirken aber für den Laien doch eher wie eine technische Gebrauchsanweisung aus einem Katalog für botanisch Versierte, bei der jede Sinnlichkeit auf der Strecke bleibt. Ebenso schwach in der Aussage sind die gerne verwendeten Charakteristika „intensiv“ oder in der wenig griffigen Steigerungsform „sehr intensiv“, wie sie auch heute noch zumeist in den bunten Hausprospekten für allerlei wohlklingende- und riechende Sorten zu finden sind. Was der Rose gebührt, überliess man also getrost den Dichtern zu sagen, sinnlich gewiss, aber keineswegs immer erhellend für den eigenen Gebrauch in der Praxis.
Analog zu dem charakterisierenden Vokabular der Weinverkoster entwickelte Alma de l‘Aigle in ihrem Buch-Klassiker „Begegnungen mit Rosen“ Ende der 50er Jahre erstmals ein „Duftvokabular, mit dem sie rund 700 der schönsten und bekanntesten Rosensorten nach Erscheinungsild, „Verhalten“, Farbe und (wie beim Wein) nach der Eigenart des Duftes beschreibt. Interessant ist dabei nicht nur, wie häufig hier Übereinstimmungen in den Charakterisierungen zu finden sind, wenn etwa Ausdrücke wie „üppig“, „ausladend“, „zurückhaltend“, „samtig“, „vollreif“ oder „herb“ für das „Wesen des Duftes“ Verwendung finden. Erstaunlich ist außerdem, dass manche Rosensorten für die Autorin nach Burgunder, nach Mosel oder „Südwein“ duften können, ja, dass die Kennzeichnung „voll weinig“ oder „weniger weinig“ als Duftbezeichnungen angeführt werden. Für die klassische Sorte „Rose Rouge“ gibt es zum Beispiel nicht nur eine Abwandlung zum süßlichen, lilienähnlichen Duft, sondern eben auch jene mit „Richtung zum roten Tafelwein“, womit gleichsam die Farbe der Rosensorte im (sprachlichen) Gesamtbild mitschwingt.

Wahlverwandtschaft der Aromen

Heute stellt die Aromaforschung einen wichtigen Zweig der Lebensmittelindustrie dar. Beim Wein ist die Frage nach Ursprung und Art bestimmter Komponenten, die sein Aromenspektrum bestimmen, Gegenstand von aktuellen Untersuchungen, mit denen die Forschung gewissermaßen eine späte Erklärung dafür abgibt, was unsere Erfahrung schon längst als allgemeingültig erkennen lassen möchte. Dass im Rebensaft unter anderem solche Geruchskomponenten vorliegen, die uns im Glas Eindrücke von Pflanzen wie Heu, geschnittenes Gras, Spargel, grünem Pfeffer, Minze oder Eukalyptus nahelegen, ist allen Weinnasen geläufig; auch die blumigen Aromen wie Veilchen (Syrah der Côte Rôtie, rote Bordeaux oder Spitzen-Pinot Noir), Holunder (Muskateller) und schließlich eben die typischen Rosen-Aromen, die vor allem im Gewürztraminer, aber auch im Pinot Noir oder in gereiften Bordeaux-Weinen festzustellen sind, geben ein „beredtes“ Zeugnis von einer intimen Verwandschaft im Reich der Düfte. 
Eine Kenntnis, der sich übrigens die Parfümindustrie bei der Kreation immer raffinierterer Elixiere schon seit Jahrzehnten bedient, und dies insbesondere bei der so genannten „evokativen Parfümerie“, die mittels Synthesen aus Blumen, Pflanzen und tierischen Anteilen eine Duftimagination etwa von Taback, Leder, exotischen Erlebniswelten und nicht zuletzt Rosenodeurs für unseren privaten Geruchskosmos entwickelt. 

Solche Aromensynthesen sind beim Wein natürlich völlig abwegig, sieht man einmal von jenen Fällen ab, in denen der Rebensaft durch die künstliche Zugabe von Aromen (Aroma-Enzymen) „aufgebessert“ wird. Allerdings wird das typische Aroma einer bestimmten Weinsorte – und bei den Rosen verhält es sich nicht anders – keineswegs bloß durch einzelne Leitsubstanzen bestimmt. Vielmehr bildet sich der Gesamteindruck durch eine komplexe Mischung vieler Aromastoffe, die übrigens in dergesamten Blumen und Pflanzenwelt vorkommen können, da sie chemisch identisch sind. So ist es kaum verwunderlich, dass auch Rosen nach Jasmin, Veilchen, Zitrus, Zimt, Honig oder Apfel duften können, ohne allerdings ihre typische Rosenduft-Physiognomie zu verlieren. 


Aspekte der Aromenforschung

Die Intensität der Farbe und der Düfte können von Ort zu Ort verschieden sein“, stellte schon der griechische Philosoph Theophrast (331-287 v. Chr.), einer der Urväter der Botanik, für die Wandlungsfähigkeit der Rosen fest. Deren Qualität und Charakter sind von Standortfaktoren wie Boden, Klima und Sonneneinstralung abhängig. Und: Wie bei der Lebensbahn eines langsam reifenden Weines verändern auch manche Rosen ihren Duft und ihre Farbe im Laufe ihres Aufblühens und Vergehens. Dennoch besitzen Weine und Rosen ihren unverwechselbaren Charakter. 
Das Bukett eines Weines wird nach aktuellen Erkenntnissen von rund 800 Aromastoffen geprägt. Dabei unterscheidet man zwischen den primären Traubenaromen, wie sie in der unverletzten pflanzlichen Zelle vorliegen, den sekundären Traubenaromen, die bei der Verarbeitung zum Most durch chemische Reaktionen entstehen, dem Gärbukett (Stoffe, die bei der alkoholischen Gärung entstehen) und dem so genannten „Lagerbukett“, das sich während des Reifeschlummers in der Flasche entwickelt. Für die Ausbildung eines Traubenbuketts sind die primären Aromastoffe in den pflanzlichen Zellen der Weinbeere von zentraler Bedeutung, wie Studien von Professor Dr. Armin Mosandl, Leiter des Instituts für Lebensmittelchemie an der Universität Frankfurt, belegen: „Die wichtigsten von ihnen gehören zu der Naturstoffgruppe der Monoterpene (Linalool, Nerol, Geraniol) und prägen das sortentypische, süßlich-blumige Bukett vieler Weißweinsorten wie Muskateller, Gewürztraminer und Scheurebe.“ Im Ensemble mit weiteren Geruchsstoffen (zyklische Ester und Lactone), die durch komplexe biochemische Prozesse während der Biosynthese in der Pflanze gebildet werden, können die verschiedenen Rebsorten heute anhand ihrer Aromenpotenziale charakterisiert werden. Monoterpene prägen gleichsam den Duft vieler Blüten wie Rose, Jasmin, Hyazinthe oder Maiglöckchen.

 

Die folgenden „terpenoiden Aromastoffe“ sind vor allem für das Rosenaroma im Wein verantwortlich:

  Geraniol: feiner Rosenduft, leicht süß

  Citonellol: kraftvoller, etwas wachsig wirkender
   Rosenduft

  cis-Rosenoxid: durchdringender grüner, grasartiger
   Stengelduft; erinnert an Rose und Geranium

Hochspezialisierte Nachweismethoden, die sich auch in der medizinischen Forschung nutzen lassen, ermöglichen es den Wissenschaftlern heute, ebenso den Entstehungsprozess der Aromastoffe zu verfolgen. Dabei ist es den Frankfurtern schon vor einigen Jahren gelungen, mit ihren Erkenntnissen zur Biosynthese der Pflanzen Neuland zu betreten. leu